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Aktuelles aus dem Rathaus: Markt Schwanstetten

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Bürgerbegehren der BI „Gegenwind Wendelstein-Schwanstetten“ zurückgewiesen

Erstelldatum08.10.2025

Bürgerbegehren auf Durchführung eines Bürgerentscheids enthielt materiell-rechtliche Fehler

Bürgerbegehren der BI „Gegenwind Wendelstein-Schwanstetten“ auf Durchführung eines Bürgerentscheids wegen materiell-rechtlicher Fehler als unzulässig zurückgewiesen

Mit Schreiben vom 28.08.2025 reichte die Bürgerinitiative „Gegenwind Wendelstein-Schwanstetten“ (BI) ein Bürgerbegehren beim Markt Schwanstetten ein, welches darauf abzielen soll, die Zerstörung der Erholungslandschaft zwischen Großschwarzenlohe, Raubersried und Leerstetten und die Gefährdung des Trinkwassers durch den Bau von Windkraftanlagen (WKA) in diesem Bereich zu verhindern.

Gemäß Art. 18a Bayerische Gemeindeordnung wurde daher von der BI ein Bürgerentscheid mit folgender Fragestellung beantragt:

Sind Sie dafür, dass die Marktgemeinde Schwanstetten jegliche Maßnahmen und Beschlüsse unterlässt, um die Errichtung von Windkraftanlagen in dem vom Regionalen Planungsverband geplanten Windenergiegebiet WK 402 zu ermöglichen oder zu fördern, insbesondere

  • sich an Rechtsformen der kommunalen Zusammenarbeit im Sinne von Art. 2 Abs. 1 KommZG (kommunale Arbeitsgemeinschaften, Zweckvereinbarungen, Zweckverbände, gemeinsame Kommunalunternehmen) zu beteiligen bzw. sich im Falle bereits eingegangenen Beteiligungen die Beteiligungen fortzusetzen,
  • ein Bauleitplanverfahren zu betreiben, um die Errichtung von Windkraftanlagen in diesem Gebiet zu ermöglichen,
  • gemeindliche Grundstücke, einschließlich öffentlich gewidmeter Straßen oder Wege, für die Verlegung von Anschlussleitungen für Windkraftanlagen in diesem Gebiet zur Verfügung zu stellen,
  • das gemeindliche Einvernehmen nach § 36 Abs. 1 BauGB im Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen in diesem Gebiet zu erteilen.

Die Begründung des Antrags können Sie auf der Homepage unter der Rubrik „Bürgerinfosystem“ für den Sitzungsmonat September 2025 einsehen.

Grundsätzliches zum Ausbau der Windkraft
Der Freistaat Bayern muss aufgrund des „Wind-an-Land-Gesetzes“ 1,8 % seiner Fläche für die Windkraft ausweisen. Zuständig sind die Planungsregionen, bei uns der Planungsverband Nürnberg.

Viele Flächen kommen aufgrund vorhandener Restriktionen wie Flughafen Nürnberg, Otto-Lilienthal-Kaserne in Roth, Wehrtechnische Dienststelle in Greding, Vogelschutzgebiete, dichte Wohnbesiedelung etc. für die Ausweisung nicht in Betracht. Laut Auskunft der Regierung von Mittelfranken sind mit den vorhandenen Bestandsflächen und den zurzeit geplanten Windvorranggebieten insgesamt erst ca. 1,3 % der Regionsfläche erreicht. Mögliche Alternativflächen auszuweisen, wird im Hinblick auf die vorgenannten Einschränkungen sehr schwierig sein. Im nächsten Schritt sollen deshalb die Vorbehaltsflächen näher untersucht werden.

Die von den Fachstellen der Regierung von Mittelfranken vorgeprüften und im Verfahren befindlichen Windvorranggebiete waren die am verträglichsten Flächen. Man kann also davon ausgehen, dass diese wohl auch so festgesetzt werden. Wird das Flächenziel bis zum Jahr 2032 nicht erreicht, können Investoren ab diesem Zeitpunkt an jedem beliebigen Ort im Außenbereich, soweit dort keine rechtlichen Restriktionen bestehen, WKA errichten, wo es nach deren Meinung funktionieren könnte. Sie sind dann also nicht mehr an die bestehenden Windvorranggebiete gebunden. Selbstverständlich muss für jede WKA ein baurechtliches Genehmigungsverfahren durchgeführt werden.

Der Gesetzgeber will bewusste mit dem „Wind-an-Land-Gesetz“ den zügigen Ausbau von WKA vorantreiben und hat dazu Schranken abgebaut. So ist zur Errichtung von WKA kein Bauleitplanverfahren mehr erforderlich, den Kommunen ist insofern die Planungshoheit aus der Hand genommen worden.

Windkraftanlagen in Windvorranggebieten sind sogenannte privilegierte Vorhaben, d. h., dass fremde Investoren bzw. Projektierer im Außenbereich eine WKA errichten können, ohne dass die Gemeinde hierauf einen Einfluss nehmen kann.

Einflussnahme und regionale Wertschöpfung
Als es sich abgezeichnet hat, dass das Gebiet zwischen Schwanstetten und Wendelstein für die Windkraft in Betracht kommen könnte, haben die beiden Kommunen sich verantwortungsbewusst und zeitig in enger Abstimmung Gedanken gemacht, wie das Vorhaben im Sinne der Gemeinden und der Bürgerschaft koordinierend begleitet werden kann.

Die Marktgemeinderäte von Schwanstetten und Wendelstein waren sich rasch einig, mit regionalen Partnern der Energieversorgung wie die Gemeindewerke Wendelstein und der N-ERGIE das Windkraftgebiet gemeinsam so zu entwickeln, dass

  • es nicht mit mehr als max. 2 Windrädern bebaut wird,
  • alle Eigentümer im Windvorranggebiet an der Pachtzahlung beteiligt werden,
  • die Bürger:innen sich an der noch zu gründenden Betreibergesellschaft z. B. über eine Genossenschaft beteiligen können und
  • die Kommunen mit den Erlösen der WKA über die Gewerbesteuer bzw. Gesellschaftsbeteiligung ihre Haushalte für die vielfältigen Aufgaben stärken können

Nun zum Bürgerbegehren selbst:
Die formellen Voraussetzungen nach Art. 18a GO sind hinsichtlich der erforderlichen Unterschriften erfüllt. Bei Gemeinden bis 10.000 Einwohner werden von mind. 10 % der Wahlberechtigten die Unterschriften benötigt. Schwanstetten hat 5.894 wahlberechtigte Bürger:innen, sodass also mind. 590 Unterschriften erforderlich sind.

Von der BI wurden 998 Unterschriften eingereicht, wovon 54 ungültig waren, sodass mit den verbliebenen 944 das Quorum erfüllt ist.

Bei der materiell-rechtlichen Prüfung, welche die Marktgemeinden Schwanstetten und Wendelstein gemeinsam vorgenommen haben, ist man zum Ergebnis gekommen, dass das Bürgergehren unzulässig ist.

Nach ständiger Rechtsprechung muss die Fragestellung ausreichend bestimmt sein, so dass die Bürger in wesentlichen Grundsätzen erkennen können, wofür und wogegen sie stimmen. Die geforderte Bestimmtheit muss sich unmittelbar aus dem Abstimmungstext ergeben.

Zudem ist ein Bürgerbegehren unzulässig, wenn durch die angestrebten Maßnahmen Rechtsvorschriften verletzt werden. Ein Bürgerbegehren darf nicht irreführend sein. Von einem unzulässigen Bürgerbegehren ist daneben auszugehen, wenn falsche Tatschen behauptet werden oder die Rechtslage unzutreffend bzw. unvollständig erläutert wird.

In der Gesamtschau ist das Bürgerbegehren unter Berücksichtigung dessen nach unserer Rechtsauffassung aufgrund folgender Gründe unzulässig:

  • Bei der Fragestellung „Sind Sie dafür, dass die Marktgemeinde Schwanstetten jegliche Maßnahmen und Beschlüsse unterlässt, um die Errichtung von Windkraftanlagen in dem Regionalen Planungsverband geplanten Windenergiegebiet WK 402 zu ermöglichen oder zu fördern,“ könnte die Gemeinde gezwungen werden, ggf. außerhalb des bestehenden Rechtsrahmens zu agieren. Zudem könnte hier ein Verstoß gegen des Bestimmtheitsgebot vorliegen.
     
  • Der Spiegelstrich 2 „… eine Bauleitplanung zu betreiben um die Errichtung von WKA in diesem Gebiet zu ermöglichen“ ist irreführend. Wie schon ausgeführt, ist die Errichtung von WKA im Windvorranggebiet privilegiert. Es gibt kein Bauleitplanverfahren der Gemeinde. Mit der Formulierung wird aber der Eindruck erweckt, die Gemeinde kann mit der Nichtdurchführung eines Bebauungsplans die Errichtung von WKA verhindern.
     
  • Der Spiegelstrich 3 „… gemeindliche Grundstücke, einschl. öffentlich gewidmeter Straßen oder Wege, für die Verlegung von Anschlussleitungen für WKA in diesem Gebiet zu erteilen“ würde die Gemeinde zu einem rechtswidrigen Handeln zwingen. Gemäß § 11a EEG ist die Gemeinde gesetzlich verpflichtet, öffentliche Grundstücke, Straßen und Wege, die in ihrem Eigentum stehen, für Versorgungsleitungen zur Verfügung zu stellen.
     
  • Der Spiegelstrich 4 „… das gemeindliche Einvernehmen nach § 36 Abs. 1 BauGB im Genehmigungsverfahren für WKA in diesem Gebiet zu erteilen“ würde auch hier die Gemeinde zu einem rechtswidrigen Handeln zwingen. Das gemeindliche Einvernehmen darf nur verweigert werden, wenn (bau-)rechtliche Gründe dem geplanten Vorhaben entgegenstehen. Aufgrund der Privilegierung von WKA und die umfangreichen Umweltprüfungen im Rahmen der Ausweisung von Wind-Vorranggebieten werden keine Ermessensspielräume für die Verweigerung des Einvernehmens gesehen.
     
  • Unabhängig von der Fragestellung enthält auch die Begründung auf den Unterschriftsblättern unzulässige Bestandteile. Diese darf nach der Rechtsprechung keine in einer entscheidungsrelevanten Weise bzw. bei den tragen Begründungselementen falsche Tatsachenbehauptungen beinhalten. Ein mit falschen Tatsachenbehauptungen (im Unterschied zu bloßen Werturteilen) begründetes Bürgerbegehren ist ebenfalls unzulässig. Hier zwei Beispiele:

Die Aussage „Der Bau der Windräder stellt eine erhebliche Gefahr für unsere Grund- und Trinkwasserversorgung dar“ ist eine solche falsche Tatsachenbehauptung. Das geplante Windkraftgebiet WK 402 wurde im Zuge der Regionalplanung vorgeprüft. Es überlagert sich nicht mit Trinkwasserschutzgebieten. Auch erfolgte bereits eine Vorabstimmung mit den wasserwirtschaftlichen Fachstellen, von denen keine Einwände erhoben wurden. Es ist daher keine Gefährdung für die Grund- und Trinkwasserversorgung durch die geplanten Anlagen ersichtlich.

Die Behauptung „Zudem … zerstört der Bau wertvolle Wälder durch Rodungen für Zufahrtswege“ ist ebenfalls falsch. Das gesamte WK 402 beinhaltet landwirtschaftliche Flächen und auch die bereits bestehenden öffentlichen Zufahrtswege liegen außerhalb von Waldgebieten.

Bürgerbeteiligung ist uns wichtig
Die direkte Bürgerbeteiligung ist ein hohes Gut in unserer Demokratie und fördert das Verständnis für politische Entscheidungsprozesse auf kommunaler Ebene. Der Markt Schwanstetten steht dieser „Mitmachmöglichkeit“ sehr aufgeschlossen gegenüber und hat seit seinem Bestehen bereits zwei Bürgerentscheide und zwei vom Marktgemeinderat initiierte Begehren durchgeführt.

Bei dem nun beantragten Bürgerbegehren ist es allerdings so, dass viele Menschen dieses unterschrieben haben, in dem Vertrauen darauf, dass dieses inhaltlich auch korrekt ist. Auch im Sinne derer musste das Bürgerbegehren zurückgewiesen werden, weil es fraglich ist, ob die Unterzeichner in Kenntnis des rechtlichen Sachverhalts auch tatsächlich unterschrieben hätten.

Der Marktgemeinderat hat in seiner Sitzung am 29.09.2025 die Zurückweisung einstimmig beschlossen.